In nahezu jeder Fleischerei und jedem Supermarkt werden heute große Mengen an Jungbullenfleisch angeboten. Dieses ist bei vielen deutschen Verbrauchern sehr beliebt, da sich die meisten Käufer trotz des geringen Preises eine sehr hohe Fleischqualität erhoffen. Mehrere statistische Untersuchungen haben ergeben, dass über 85 Prozent aller Deutschen positive Eigenschaften mit diesem Fleisch verbinden. Sie denken, dass sie ihrer Familie gleichermaßen einen edlen sowie geschmackvollen Braten servieren werden.
Kaum jemand kommt auf den Gedanken, dass auch in der heutigen Zeit qualitativ hochwertiges Fleisch nicht preiswert zu erhalten ist. Darüber hinaus sollten Sie grundsätzlich skeptisch werden, wenn das vermeintlich edle Jungbullenfleisch auch in der Werbung nicht als besonders lecker oder zart beschrieben wird.
Verbraucher vermuten höchste Qualität
Kaum ein Verkäufer würde sich die Gelegenheit entgehen lassen, ein hochwertiges Stück Fleisch auch als solches anzupreisen. Im Marketing wird stets mit allen Mitteln versucht, ein Produkt zu verkaufen. Wirbt ein Händler daher nicht mit der außergewöhnlichen Qualität des Artikels, sollten Sie skeptisch werden. Schließlich gibt es keinen Grund, weshalb ein Unternehmer auf eine wirkungsvolle Form der Werbung verzichten sollte.
Gleichzeitig wird Jungbullenfleisch zu einem sehr niedrigen Preis verkauft. Während es in nahezu jedem Supermarkt erhältlich ist, befindet es sich nicht im Sortiment von hochpreisigen Gourmet-Versandhäusern.
Beides liegt daran, dass Jungbullenfleisch keine hohe Qualität besitzt. Tatsächlich handelt es sich sogar um eines der minderwertigsten Produkte auf dem Markt. Es ist weder zart noch saftig oder geschmackvoll. Bemerkenswert ist dabei, dass keinem Verkäufer massive Verbrauchertäuschung vorgeworfen werden kann. Die meisten positiven Eigenschaften dieser Produkte haben sich die Verbraucher selbst ausgedacht.
Jungbullenfleisch – nur ein Marketingbegriff?
Vor einigen Jahren wurde das minderwertige Fleisch von jungen Bullen unter keinem besonderen Namen verkauft. Es zeichnete sich lediglich durch einen sehr günstigen Preis aus. Dieser kommt dadurch zustande, dass der Landwirt die jungen Tiere lediglich mit Kraftfutter auf Schlachtgewicht bringen muss und sie dadurch innerhalb kürzester Zeit verkaufen kann.
Während einige Händler diese Lebensmittel lediglich als Discounter-Fleisch anboten, entschlossen sich andere für den Begriff Jungbullenfleisch, da dieser die Herkunft der Produkte beschreibt. Dabei stellte sich heraus, dass viele Verbraucher mit diesem Begriff nicht nur einen niedrigen Preis assoziierten, sondern zahlreiche positive Attribute. Für die meisten Menschen ist ein junger Bulle kerngesund und strotzt vor Energie. Sie stellen sich ein kräftiges Tier mit vielen Muskeln vor. Entsprechend gilt auch das Fleisch als frisch und knackig. Heute glauben die meisten deutschen Verbraucher, dass es sich bei Jungbullenfleisch um ein hochwertiges und zartes Produkt mit kräftigem Geschmack handelt.
Natürlich ist auch das Marketing auf diesen Trend aufgesprungen. Immer mehr Unternehmen haben herausgefunden, dass sich die Verkäufe allein durch diese Bezeichnung massiv steigern lassen. Völlig ohne jegliche Grundlage verbinden Kunden mit ihr eine hohe Qualität, obwohl diese nicht einmal vom Händler selbst kommuniziert wurde. Somit handelt es sich dabei lediglich um einen wirkungsvollen Marketingbegriff.
Wie schmeckt deutsches Jungbullenfleisch wirklich?
Das Fleisch von jungen Rindern unterscheidet sich stark von dem der ausgewachsenen Tiere. Es verfügt über ein sehr schwach ausgeprägtes intramuskuläres Gewebe sowie einen geringen Fettanteil. Fett fungiert jedoch als Geschmacksträger und sorgt dafür, dass die Geschmacksstoffe auch von der Zunge des Konsumenten aufgenommen werden können. Aus diesem Grund schmeckt Jungbullenfleisch stets etwas säuerlich und bleibt auch trotz guter Gewürze trocken und fad.
Weiterhin sorgen die Fetteinschlüsse im Muskelgewebe für ein weiches sowie zartes Stück Fleisch. Diese kleinen Adern schmelzen bei richtiger Zubereitung und hinterlassen einen flüssigen Gel-Einschluss. Da sie im Fleisch junger Rinder jedoch fehlen, bleibt es auch bei guten Kochkünsten sehr trocken und mürbe. Natürlich stellen sich die meisten Menschen etwas völlig anderes unter einem guten Braten vor.
Warum empfehlen dennoch einige Sterne-Köche Jungbullenfleisch?
Auch bei jungen Rindern kommt es neben der Haltung des Tieres vor allem auf dessen Art an. Zahlreiche prominente Köche schwärmen regelmäßig vom einzigartigen Geschmack eines guten Jungbullenfilets. Tatsächlich sprechen sie dabei jedoch von einem völlig anderen Fleisch. Viele erfahrene Küchenchefs bevorzugen das Fleisch von Rinderrassen, die aus genetischen Gründen bereits über einen sehr hohen Körperfettanteil verfügen. Dazu zählen unter anderem die Kobe-Rinder und die Wagyu.
Der verminderte Fettgehalt bei Jungbullen sorgt daher für eine besondere Marmorierung und einen einzigartigen Geschmack. Dieses hochwertige Fleisch finden Sie jedoch nicht im Angebot eines Supermarkts. Für unter zehn Euro pro Kilogramm erhalten Sie grundsätzlich nur das Fleisch magerer Rassen wie unter anderem dem Simmentaler Rind. Dort führt das junge Alter zu einem noch niedrigeren Fettanteil und minimalem Geschmack.
Fleisch gewinnt mit der Zeit an Charakter
Erst mit fortschreitendem Alter bilden sich Fetteinlagerungen in den Muskeln. Ein Tier für mehrere Jahre auf einer Weide zu halten ist jedoch sehr teuer. Es benötigt nicht nur regelmäßigen Auslauf, sondern verursacht ebenfalls hohe Personal- und Futterkosten. Jungbullenfleisch hingegen kann innerhalb kürzester Zeit produziert und verkauft werden. Es kostet sowohl den Zwischenhändler als auch den Endverbraucher deutlich weniger und stellt deshalb für den Landwirt eine sichere Investition dar.
Die meisten Konsumenten von preiswertem Jungbullenfleisch gaben an, noch nie ein hochpreisiges Steak gegessen zu haben. Wer sich hingegen bereits an ein echtes Qualitätsprodukt herantraute, greift selten auf das deutsche Billigfleisch zurück. Dessen außergewöhnlicher Geschmack kommt neben der Beschaffenheit aller Muskeln auch durch die Ernährung und die Wirkung der Hormone zustande. Auf diese Weise bilden sich zahlreiche Aromen, die für ein unvergessliches Geschmackserlebnis sorgen. In weiten Teilen Deutschlands ist das Fleisch alter Milchkühe sogar eine begehrte Delikatesse. Dieses kann jedoch nur selten für weniger als 50 Euro pro Kilogramm angeboten werden.
Jungbullenfleisch ist meist von niedriger Qualität
Obwohl es durchaus einige Rinderrassen gibt, deren Jungbullenfleisch über einen ausgezeichneten Geschmack verfügt, handelt es sich bei diesem Begriff nicht um ein Qualitätsmerkmal. Das Fleisch von jungen Bullen besitzt stets einen geringeren Fettanteil und ist dadurch wesentlich fester. Stammt es von einer mageren Rasse, eignet es sich deshalb nicht einmal für einen mittelmäßigen Braten. Selbst der beste Koch wird daraus weder ein perfektes Steak noch eine geschmackvolle Mahlzeit zubereiten können. Wahrer Genuss hat noch immer seinen Preis.